"Redet man von Island, dann fallen meist Begriffe wie Trolle, Elfen, aktive Vulkane, faszinierende Geysire, spektakuläre Wasserfälle, unendliche Weiten, verträumte Fischerdörfer und nicht zuletzt geisterhafte Polarlichter! Den wenigsten ist dabei bewusst, dass Island ein wahres Paradies für Skitourengeher und Freerider ist.
Im Frühjahr 2017 machte ich mich daher zusammen mit meiner Crew – Roman Lachner vom Prime Skiing Magazin, Mira ´Meigi` Naumann und Max Fechner – auf in den hohen Norden, um die nördlichste Vulkaninsel der Welt auf Tourenski zu erkunden. Von Frankfurt aus ging es erst mal nach Reykjavik, in die Hauptstadt des kleinen Inselstaates Islands. Nachdem wir den Flughafen, gut ausgestattet mit malzhaltigen Getränken aus dem Duty-Free Shop, verlassen hatten wurden wir auch schon von unserem Guide Andi Bucher von Alpine Welten abgeholt. Nachdem wir es tatsächlich geschafft hatten all unser Equipment in unserem Leihwagen unterzubringen – wenn auch eher im TETRIS-Style – standen erst einmal sechs Stunden Autofahrt Richtung Norden auf der Agenda. Die Fahrt ins kleine Fischerdörfchen Ölafsfjördur war exemplarisch für alles, was wir bisher über Island gehört hatten und wir hatten Zeit das volle Potential isländischer Straßen und das einzigartige Wetter auszunutzen und zu genießen: von Sonnenschein und befestigten Straßen bis hin zu Schotterpisten mit übelsten Schneeverwehungen, bei denen wir mit 20km/h die entsprechend der Wetterlage mögliche Höchstgeschwindigkeit erreichten.
In Olafsfjördur angekommen erwartete uns feinstes Winterwetter – überall frischer Schnee, soweit das Auge reicht. Das löste auch die benötigte Motivation in uns aus, denn für den nächsten Tag war gleich mal ein Location-Check angesagt. Wir wollten ein paar feine Spots finden, an denen wir unsere Schaufeln auspacken konnten, denn auch Urban stand neben all den Skitouren auf der „to-do“ Liste. Doch erst mal hieß es rein in das gemütliche Apartment, was eigentlich schon fast eine Doppelhaushälfte war, ganz für uns allein, mitten im Ort.
Am ersten Tag wurde uns schnell klar, dass Island ein wirklich raues Pflaster sein kann. Das Wetter ändert sich schneller als man schauen kann und der isländische Spruch „Wenn Dir das Wetter nicht gefällt, warte eine Viertelstunde“ hat durchaus seine Berechtigung. Doch wie jeder weiß: es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung! Also rein in meine super funktionelle Yeti Hunter Combo von Planks Clothing und ich war bereit Wind und Wetter zu trotzen. Die Suche nach optimalen Lines und perfekten Urbanspots konnte losgehen.
Nachdem wir richtig angekommen waren und die Gegend erkundet hatten machten wir uns am zweiten Tag auf zur ersten Skitour – ein nahe gelegener Gipfel, von dem aus eine viel versprechende Rinne ins Tal bis zum Meer hinunter führte. Die Rinne war bis oben hin mit feinstem Powder gefüllt – die perfekte Wahl. Das war der Startschuss für unser Projekt. Roman – unser Fotograf – zückte seine Kamera, wir wollten das optimale Wetterfenster und die passenden Lichtverhältnisse abwarten. Doch nach 15 Minuten wendete sich das Blatt und das isländische Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Dank der ausgiebigen Erkundung des Ortes und der Umgebung um Olafsfjördur hatten wir zum Glück noch ein feines Ass im Ärmel. Wir machten wir uns auf den Weg in die niederen Lagen, wo wir direkt am Meer ein paar super Spots für Jibs und Handdrags gefunden hatten.
Am Tag darauf machten wir uns auf, das Terrain im Nebental zu erkunden – ein wahrer Spielplatz für alle Tourengeher und Freerider! Unberührte Powderhänge, soweit das Auge reicht und noch weiter... da fällt es schwer sich zu entscheiden, wo man denn nun zuerst anfangen soll. Doch schnell lenkte ein Hang auf der gegenüberliegenden Talseite unsere Aufmerksamkeit auf sich. Also Felle unter die Latten und hoch mit uns. Vor uns lagen nun gut zwei Stunden Aufstieg, gefolgt von 1000 Höhenmeter Abfahrt im fluffigsten Pulverschnee – dazu ideale Lichtbedingungen zum Shooten und ein Panorama, das seinesgleichen sucht. Da sieht man es mal wieder: In Island kann sogar ein Tag, an dem man nur vor die Türe geht, um Spots zu erkunden, zu einem richtig feinen Powdertag werden.
Am vierten Tag zeigte sich Island von seiner bisher rauesten Seite, mit an die 130 km/h fegte der Wind übers Land und um unser kleines Häuschen. Überall pfiff es durch die Balken. Eher schlechte Bedingungen um oben auf einem Gipfel zu stehen, daher entschieden wir uns für einen „Touritag“. Unser Guide, der schon seit über 6 Wochen auf der Insel war, hatte die Umgebung auch in dieser Hinsicht schon etwas erkundet und freute sich uns die Gegend von einer Seite abseits der üblichen Skitouren zu zeigen. Es ging erst mal Richtung Osten nach Akureyri, die zweitgrößte Stadt in Island mit gerade mal 18.191 Einwohnern, welche am Ende des 70km langen Eyjafjordur Fjord liegt. Von dort aus ging es vorbei an unzähligen Island Ponys weiter zu den Godafoss Wasserfällen. Da der Godafoss direkt neben der Ringstraße liegt, eine Straße, die einmal rund um die Insel führt, teilten wir uns dieses Spektakel auch mit anderen Touristen, aber irgendwie muss man das doch auch mal gesehen haben. Ziel unseres Touri-Programms war das Myvatn Nature Baths. Ein sogenannter Hot Pot. Diese heißen Quellen in Island sind in etwa so populär wie Biergärten in Bayern, also ein echtes Stück isländischer Kultur. Du warst also nicht auf der Insel, wenn du nicht auch in einem der unzähligen Hot Pots warst. Im Gegensatz zu bayerischen Biergärten, ist in den geothermisch erhitzten Bädern allerdings Entspannung pur statt Blasmusik und Grillhendl angesagt.
Bestens von all den bisherigen Strapazen erholt und vollständig ausgeruht, starteten wir am fünften Tag mit feinsten Wetteraussichten auf unsere nächste Skitour. Nach einem ausgewogenen Frühstück mit isländischen Bláber Skyr und untypischen aber extrem sättigenden Bacon & Eggs, machten wir uns erst mal auf zu einer kleinen „Warm-Up“ Tour, um ein paar kleinere Spots zu fotografieren, die wir die Tage zuvor gefunden hatten. Da Island im nördlichen Wendekreis dieser wundervollen Erde liegt, scheinen die Tage nahezu endlos. Bei uns im Ort ging die Sonne erst gegen 22h unter und um bereits gegen 5h morgens wieder auf. Auch wenn man sich „nachts“ erst dran gewöhnen muss, so kommen einem die langen Tage beim Skitourengehen sehr gelegen. Denn während man hierzulande um diese Jahreszeit ab 19h bereits mit Stirnlampe ausgerüstet unterwegs ist, kann man in Island noch entspannt zu einer Skitour aufbrechen ohne sich um die Dunkelheit Gedanken machen zu müssen. Daher war es nicht unüblich, dass wir uns des Öfteren ab 18h auf unsere zweite Skitour des Tages aufmachten – eine morgens und eine abends...
Doch dieses Mal zogen wir erst später los, der Plan war es einen Shot im Sonnenuntergang in den Kasten zu bekommen. Und der Sonnenuntergang kam schneller als uns lieb war: kaum oben angekommen hatten wir nicht einmal Zeit um etwas zu trinken, denn die Sonnen verschwand langsam aber sicher hinter den Bergen. Also schnell Felle runter, einpacken und los ging es. Eine Wahnsinns-Abfahrt in einem von Sonnenstrahlen orange gefärbten Hang! Und das war noch nicht alles. Als wir es uns in unserem Apartment wieder richtig gemütlich gemacht hatten und unser verdientes Feierabend-Bierchen schlürften, zeigten sich auf einmal am Horizont die berüchtigten Nordlichter. Mit hängenden Unterkiefern standen wir gemeinsam auf dem Balkon und bestaunten dieses, für diese Jahreszeit eher unübliche, Naturspektakel. Das musste verewigt werden, daher wieder rein in die Skiklamotten und raus auf den Berg. Ein Action Shot mit Nordlichtern im Hintergrund stand auf dem Plan. Zügig machten wir uns auf den Weg zu einem Spot, den wir zwei Tage zuvor gesichtet hatten, und waren in kürze ready für den perfekten Shot! Doch genau mit dem ersten Drop verschwanden die Nordlichter so schnell wie sie gekommen waren. Shit happens…
In der letzten Nacht in Olafsfjördur schien es der Wettergott gut mit uns zu meinen und es schneite nochmal dicke weiße Flocken. Das hieß: Feinster Powder für den letzten Tag! Und zudem kam dann am nächsten Morgen auch noch die liebe Sonja aka Sonne raus. Wie hätte es besser kommen können? Genau richtig, denn für den Abschluss hatten wir uns ein richtiges Schmankerl aufgehoben. So stiegen wir auf einen ca. 2,5 Stunden entfernten Kamm, von dem aus man sich seine perfekte Line auswählen konnte, da war für jeden eine schicke Rinne dabei. Für mich persönlich war es die beste Line meines Winters, schwer in Worte zu fassen, denn sowas hatte ich in unseren Breitengraden noch nie gefahren, geschweige denn gesehen. Besser hätte der letzte Tag einfach nicht sein können.
Nach dieser phänomenalen Line konnten wir vollends und super zufrieden die Rückfahrt nach Reykjavik antreten. Nach mehreren Tagen im abgeschiedenen Norden des Landes ging es als wieder zurück in den Süden, in die Hauptstadt Reykjavik. Von einem gemütlichen Fischerdörfchen mit knapp 1.000 Einwohner in eine Stadt mit über 120.000 Einwohner - ob uns ein Kulturschock bevorstand? Irgendwie ja, aber wir feierten ihn in den zahllosen Bars und Clubs Reykjaviks weg, auch wenn das Bier 10 Euro kostete, schafften wir es dennoch unsere Synapsen zum Springen zu bringen. Vielleicht lag es einfach immer noch am Höhenrausch, den wir in den vergangenen Tagen erlebt hatten.
Abschließend kann man sagen, auch wenn eine Reise nach Island wirklich kein Schnäppchen ist, ist es ein wunderbares Land mit beeindruckenden Menschen und noch beeindruckenderer Natur. Sei es in der Hauptstadt oder in der Provinz, man wird mit offenen Armen empfangen. Für alle Skitourengeher und Freerider ist Island ein wahres Paradies. NOCH könnt ihr dieses Land ungestört genießen, doch der Tourismus wird in den kommenden Jahren vorrausichtlich zunehmen also seid schnell und erlebt euer eigenes Island Abenteuer!
Cheers ,
Daniel“